Korea

S(e)oul food

Ich dachte vor meiner Reise nach Seoul im Mai 2015 noch, das ich dann ’nur so einen Eintrag auf der Timeline‘ mache. Aber bereits als ich – todmüde zwar – nach dem kurzen Nachtflug im Hotel ankomme weiss ich, dieses Seoul gibt mehr her.
Ich gebe zu, meine Unterkunft im Grand Hyatt ist natürlich sehr feudal. Ich habe zwar ’nur‘ Aussicht aus dem dritten Stock, aber einen tollen Blick über die Stadt als ich erst mal ein paar Stunden arbeite. Die Fahrt zum lokalen Büro ist gleichzeitig sight seeing wobei ich zunehmend nervöser werde weil der Taxichauffeur an jedem Lichtsignal erneut den Plan zur Hand nimmt und etwas vor sich hin murmelt. Der Concierge im Hotel hatte ihm die Adresse genannt und den Plan erklärt. Darum hatte ich ihn jedenfalls gebeten. Verstehen, respektive kontrollieren, hatte ich es ja nicht können…
Es klappt dann doch einwandfrei und nach einer kurzen Runde durchs Büro gehen wir direkt zum Mittagessen. Mit der Reservation hatte offenbar was nicht geklappt. Statt eine halbe Stunde zu warten wählen wir die uns gebotene Option. Wir knien uns rund um einen nur gut einen halben Meter hohen Esstisch. Diese lokale Gegebenheit passt ideal zum servierten, in unserem Fall im Steintopf, Bibimbap. Das Reisgericht und die dazu gereichten side dishes – darunter darf natürlich Kimchi nicht fehlen – schmecken köstlich!
Während des anschließenden Meetings staune ich unzählige Male über Fakten über dieses mir bis dato unbekannten Landes. Vor dem Nachtessen bleibt Zeit für einen kurzen Spaziergang und einen Kaffee im angesagten Quartier Garosu-gil. Unzählige kleine Boutiquen und kreativ gestaltete Cafés und Restaurants sind entlang dieser und den angrenzenden Seitenstrassen zu finden. Alle paar Meter bleibe ich staunend stehen. Ich gebe zu, einerseits aufgrund der Szenerie aber auch aufgrund unseres Gespräches. Die (über 10 Jahre jüngere) Koreanerin unseres Trios klärt uns auf, dass sie abends mindestens sechs (!) verschiedene Produkte auf ihr Gesicht auftragen würde und die Koreanerinnen rund fünf Mal so viel für Kosmetika ausgeben wie Frauen in anderen Ländern. Gut, da ich bin definitiv kein Massstab. Als frau mir rund 48 Stunden später vor meiner Abreise ein paar Gesichtsmasken zum Abschied schenkt, weiss ich, was Sache ist…
Das Nachtessen, Korean BBQ, gibt es im Maple Tree House in Itaewon. Über jedem Tisch hängt ein Abzugsrohr, das den Geruch der Speisen die vor unserer Nase auf einem Kohlengrill gebrutzelt werden, absaugt. Und ich staune, am Tag drauf ist in Sachen Geruch wohl mehr der verzehrte Knoblauch als der Duft meines Blazers das Problem für mein Umfeld…
Geruch hin oder her, heute sehe ich eine koreanische PR Agentur von innen. Eine überaus interessante Erfahrung und ebensolche Diskussionen! Diese führen wir beim Lunch im Restaurant Doorei fort. Wiederum heisst es traditionell: Schuhe ausziehen und um den Tisch knien. Diesmal ist es allerdings etwas bequemer da unter dem Tisch quasi eine Grube ist, in die wir die Füsse versenken und dann ganz normal sitzen können.

Da ich übers Wochenende bleibe kann ich an dieser Stelle auch noch ein bisschen was anderes berichten als übers Essen! So besuche ich den Gyeong Bok Gung Palace. Eine unglaublich weitläufige Anlage. Tradition inmitten der Moderne Seouls. Ich schlendere entlang des Cheonggyecheon, einem Bach der Mitten durch die Stadt fliesst. Lange Zeit war er überdeckt und erst vor Kurzem entstand eine grüne Oase, die ein bisschen an die Seine (im Mini-Format!) und die Idee der High Line in NYC erinnert. Überhaupt ist Seoul ein bunter Mix aus einem Schuss Skandinavien, etwas Amerika (nicht zu viel, grad richtig), Paris und natürlich ganz viel Asien.
Die Zeit ist doch etwas knapp und ich kann den Besuch des N Seoul Tower nicht wie gehofft mit einen Spaziergang durch den Namsan Park verbinden. So geht es erst per Luftseilbahn und dann per Lift aufwärts um den Ausblick zu geniessen. Die vielen Vorhänge-Schlösser, die an allen erdenklichen Orten der Aussichtsplattform angebracht sind, machen mir bewusst, dass mich diese Stadt ziemlich fasziniert. Ich muss schmunzeln und fast bin ich versucht, ebenfalls irgendwo ein Schlösschen anzubringen. Da ich aber ziemlich in Eile bin, überlasse ich das den richtig Verliebten. Wie ich von den Locals erfahre, ist (Blind-)Dating fast schon eine anerkannte Wochenendbeschäftigung…
Gegen Abend führt mich mein Weg zum Blue House, dem Präsidentenpalast. Meine beiden Begleiter können sogar organisieren, dass wir kurz vor acht noch an den Sicherheitsleuten vorbei huschen können und ich darf sogar ein Bild schiessen.
Das Dinner-Lokal ist gestossen voll mit Einheimischen und einmal mehr habe ich die Qual der Wahl, aus welchem der unzähligen Schälchen ich als nächstes was herauspicken soll. Die Gegend rund um das Blue House ist wiederum ein absolut faszinierendes Durcheinander von Tradition und Moderne das die Kreativität der Menschen zeigt und die eigene anregt. DAS ist S(e)oul food!

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