Irre Ferien(reif).

Man nehme zwei Freundinnen aus der Schweiz. Treffe sie für ein Wochenende in Singapur. Fliege drei Tage nach Tokyo für eine Medienkonferenz. Reise aus Japan weiter nach Siem Reap und von da gemeinsam mit ihnen nach Phnom Penh. Dazwischen: ein ‚Highlight‘, das das andere jagt.
Meine Heimat in eineinhalb Tagen zeigen und dabei noch letzte Vorbereitungen für die Medienkonferenz in Japan treffen ist eine ziemliche Herausforderung und ich bin SEHR dankbar, habe ich dermaßen verständnisvolle Freundinnen, die sich auch ganz prima alleine beschäftigen können. Nach dem Nachtessen bei Open Farm Community (eines meiner neuen Lieblingslokale) geht es per red eye-Flug Richtung Tokyo wo ich am anderen Morgen direkt ins erste Meeting fahre und während den nächsten drei Tagen von einem Termin zum nächsten bugsiert werde. Die Konferenz geht trotz ein paar Sandkörnern im Getriebe gut über die Bühne. An den beiden Abendveranstaltungen hab ich Gelegenheit, mit Vertretern des Top Managements übers Business und das Leben zu philosophieren. Während des Agenturmeetings mit Lunch kriege ich (weiter) Einblick in die Japanische Kultur und komme aus dem Staunen nicht mehr raus. Ich sitze als einzige Frau mit acht Männern am Tisch. Schön aufgereiht auf der einen Seite Gastgeber, gegenüber die Gäste. Die Gäste mit dem Gesicht zur Tür, das muss hier so sein. Wie es meine Funktion halt so mit sich bringt beteilige ich mich rege an den Gesprächen und machen Vorschläge, bringe Ideen ein. Irgendwann stocke ich. Total verunsichert, als mir die Konstellation bewusst wird. Hintersinne mich, ob ich mir dies denn überhaupt erlauben darf? Just in diesem Moment nimmt das Gespräch eine neue Wende und ich MUSS einfach einhacken. Als mich der Besitzer der Agentur beim Abschied an den Schultern ergreift und mich an seine Brust drückt denke ich, so verkehrt kann ich mich also nicht verhalten haben.
Den Beweis, dass es sowas wie Zufälle eben einfach geben MUSS, erlebe ich am Abend vor meinem Abflug. Ich werde spontan zur Neueröffnung einer Bar im Hotel Conrad eingeladen. Als ich an meinem Glas Champagner nippe und die Leute beobachte, bleibt mein Blick an einem bekannten Gesicht hängen. Es dauert ein paar Minuten bis ich realisiere, das dies ein Journalist aus Shanghai ist, der vor Kurzem mit mir auf Medienreise in Frankfurt war. Wir begegnen uns wieder, mitten in der Millionenstadt Tokio!

Ein paar Stunden und ein weiterer red eye-Flug später sitze ich am Pool des Hotels in Siem Reap. Meine beiden Freundinnen trudeln am frühen Abend ein und die Ferien können beginnen! Der Start in den ersten Abend verläuft allerdings nicht ganz so planmässig, respektive die kommenden Tage werden von einem Sturz die Treppe runter von Freundin 1 überschattet. Sie beisst die Zähne zusammen, lässt sich nicht (viel) anmerken. Mit Garantie nicht nur an diesem Abend wie sich herausstellen soll… Die kommenden zwei Tage besuchen wir unter anderem die faszinierenden Tempelanlagen Angkor Wat (bei Tag und bei Sonnenaufgang mit Gerangel um den besten Foto-Winkel) und die Roluos-Gruppe. Nachdem wir uns am Tag eins einen Guide für Angkor Wat geleistet hatten, meint Freundin 2 am Tag zwei, sie würde den Job übernehmen. So besteigen wir ein Tuk-Tuk mit dessen Fahrer Freundin 2 die Destination aushandelt. Rund 20 Minuten später steigen wir aus und nähern uns dem Gelände mit den zerfallenen Mauern und Gebäuden. Unser ‚Guide‘ zückt das Buch und beginnt mit der Beschreibung des Tempels, die auch Angaben zur Umgebung beinhaltet. Beim Wassergraben und dem fünfstufigen Gebäude kann unsere Fantasie noch sehr gut mithalten obwohl wir zugegebenermassen ein bisschen irritiert sind… Beim nächsten Satz beschwert sich der Guide dann gar über einen Tippfehler im Reiseführer und zitiert als nächstes Länge und Breite des Tempelfundamentes. Bei den Angaben 120 x 170 Meter stutze ich und erlaube mir den Hinweis, dass sich hier aber wohl eine zweite Unstimmigkeit ins Buch geschlichen haben muss. Die Mauer vor uns erstreckt sich nie und nimmer über 120 Meter… Der Guide, alias Freundin 2, runzelt die Stirn. Blättert im Buch, konsultiert die Karte, schaut sich um… Es stellt sich heraus, dass sie uns zwar die Angaben zum Tempel Bakong vorgetragen hat (wohin uns der Fahrer hätte bringen sollen), wir uns aber beim Tempel Preah Ko befinden. Die Vorstellung der darauf folgenden Szene mit Gelächter und Sprüchen überlasse ich der Fantasie des Lesers. Wir waren schliesslich auch ziemlich gut darin.

Weniger zu lachen gibt es, als wir nach dem Nachtessen ins Hotel zurückkehren und aufgrund der geplanten frühen Abreise am nächsten Morgen Richtung Phnom Penh zeitig zu Bett wollen. Die Beine von Freundin 1 sind zwei Tage nach dem Treppensturz furchterregend angeschwollen und zeigen die Farben eines Regenbogens mit Vorliebe für Rot-Violett-Blau. Ihre Krankengeschichte der letzten paar Monate bewegt mich dazu, im Pyjama (!) zur Rezeption zu eilen und nach einem Arzt zu fragen. Und so sitzen wir ein paar Minuten und ein paar laute Worte von meiner Adresse später, erneut im Tuk-Tuk (diesmal leider im wohl langsamsten von ganz Kambodscha) und tuckern Richtung Spital. Lange nach Mitternacht und um ein Erlebnis der dritten Art reicher sind wir zurück im Hotel. Zumindest für den Moment etwas beruhigter (unter anderem erfolgte die Weiterentwicklung des Farbspiels leider erst nach meiner Abreise….) Auf der rund sechs Stunden dauernden Busfahrt am nächsten Tag können wir dann wenigstens ein bisschen Schlaf nachholen… Zumindest bevor wir zu jenem Teil gelangen, welcher noch unbefestigt ist und wir von einem Schlagloch zum nächsten schlingern. Die letzten 24 Stunden müssen wir erst mal mit einem Drink begiessen und beobachten vom Balkon des Foreign Correspondence Club in Phnom Penh das Verkehrschaos.
Nach dem Besuch der Killing Fields und dem Auseinandersetzen mit der Geschichte der Roten Khmer am nächsten Tag sind wir komplett geschafft. Zum Glück ist the Plantation Urban Resort eine Oase in dieser hektischen und zuweilen auch wirklich furchtbar schmutzigen Stadt. Den Königspalast sparen wir uns für den nächsten Tag und am Abend fahren wir (zum Glück) noch in den südlichen Teil, in dem das Ambiente einiges angenehmer ist und uns die Stadt etwas versöhnlicher stimmt. Die Menschen sind überaus freundlich und dank guten Englischkenntnissen meist auch sehr kommunikativ. Die meisten beginnen von sich aus über die traurige Geschichte ihres Landes zu sprechen, die Armut der Bevölkerung ist praktisch überall zu sehen und zu spüren. Tags drauf, auf dem Weg zum Flughafen, fahre ich minutenlang an protzigen Regierungsgebäuden vorbei. Auch wenn ich es nicht ganz wahrhaben will, erschliesst sich mir langsam, was ich die letzten paar Tage gelesen, gehört und erlebt habe. Ein Land im Sandwich zwischen Thailand und Vietnam, Krieg und Besetzung hinter sich, die Korruption allgegenwärtig. Irr, welch intensives Gesamtpaket ich einmal mehr mit Freundin 1 und Freundin 2 erlebt habe. Ich bin ferienreif!

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