Von Grossstadt zu Dschungel – mit Hindernissen

Das Gute vorweg: dank den Hindernissen komme ich zu einem quasi ‚geschenkten‘ Samstag, den ich – wäre alles normal verlaufen – im Flugzeug verbracht hätte. Der Reihe nach.
Der Flug an jenem Mittwochabend von Singapur nach Delhi verläuft nach Plan. Dass ich erst kurz vor eins ins Bett falle, ist okay. Die Landung hätte schliesslich auch erst gegen drei Uhr morgens erfolgen können… Das Aufstehen ist trotzdem hart.
Pünktlich starten wir mit unserem Meeting und kommen perfekt vorwärts. Die Abfahrt zum Flughafen verspätet sich lediglich um 10 Minuten und am Flughafen wartet Deepika bereits. Die Vertreterin der PR Agentur mit der ich kurz nach 15 Uhr den Flug nach Mumbai antrete(n sollte). Schnell merke ich an jenem Schalter, wo sich Mitarbeitende der operierenden und anderer Airlines einchecken sollen, dass es noch ein paar andere gibt mit der selben Ticket-Kategorie (Hier sei erwähnt, dass ich auf Business Reisen mit Fremd-Airlines in vielen Fällen auf Warteliste gebucht werde. Das sind die Regeln des internen Buchungssystems. Es sind auch nur jene Airlines buchbar, mit denen wir Abkommen haben. Ja und es kommt vor, dass mir sogar mein eigener Arbeitgeber kein fix gebuchtes Ticket ausstellt. Ob man das verstehen muss? Mh, nein. Und ich hatte auch schon viel zu viele Diskussionen diesbezüglich. Somit, lassen wir dieses Thema.) Alle wollen auf den selben Flug wie ich und schnell wird klar, dass das nicht klappen wird. Die Dame am Schalter schickt mich an einen weiteren Schalter und meint, ich sollte da versuchen, eine Bestätigung zu kriegen. Von dort werde ich an einen dritten verwiesen um mich schon auf den nächst möglichen Flug umzubuchen. Von da geht es zurück zum ursprünglichen Schalter. Wer meine natürliche Zurückhaltung kennt, kann sich vorstellen, dass ich – wie sich das gehört – mich in einer Schlange anstelle und warte, bis die Reihe an mir ist. Nur leider ist man mit diesem Ansatz in Indien genau eines: chancenlos. Es ist also nicht verwunderlich, dass Deepika mir meinen Zettel aus der Hand nimmt, die Ellbogen ausfährt, sich zum Schalter drängt und – obwohl schon mindestens fünf Personen in einem Knäuel davor stehen und der Mitarbeitende dahinter gerade mit einer anderen Person spricht – ihm den Zettel vor die Nase streckt und ihm ihr – respektive mein -Anliegen schildert. Nämlich: ich muss nach Mumbai. Irgendwann muss auch Deepika einsehen, dass sie das nicht schaffen wird und – will sie den Flug nicht verpassen – langsam los sollte. Ich verspreche, sie auf dem Laufenden zu halten und wir verabschieden uns mit einem zuversichtlichen ‚bis später in Mumbai‘.  Denn dort haben wir am Freitagmorgen diverse Medieninterviews mit unserem Länderchef angesetzt.
Für mich geht dann der Marathon los. Wobei sich der mehr als ein Treten an Ort herausstellt. Im Schnitt geht rund alle 45 Minuten ein Flug und ich finde mich wieder im Zustand von Hoffen und Bangen… Ich wage es nicht, mich vom Schalter weg zu bewegen, denn genau dann könnte die Buchungsmaschine ja meine Bordkarte ausspucken… Zwischenzeitlich prüfe ich Optionen anderer Airlines. Andere Flüge sind aber entweder nicht verfügbar oder so massiv teuer, dass ich das nicht verantworten kann. Auf der letzten Maschine nach 21 Uhr sind offenbar noch drei Plätze frei. Die auserkorenen ziehen mit glücklichen Gesichtern Richtung Sicherheitskontrolle. Und ich? Ich setze mich mit dem Gedanken auseinander, dass ich statt nach Mumbai wieder heim nach Singapur fliege und Deepika die Show alleine rocken muss. Ha, aber da hab ich die Rechnung erneut ohne unser Buchungssystem gemacht. Von knapp zehn Optionen am selben Abend respektive am nächsten Tag kann ich nur gerade eine buchen. Abflug um 3:30 Uhr in der selben Nacht. Umsteigen in Bangkok. Aber zumindest heisst es auf der email ‚bestätigt‘ und so muss ich nur noch die nächsten fünfeinhalb Stunden hinter mich bringen… Das erste Highlight ist, dass mir eine Person auf die Schulter klopft, die es vor gut einer Stunde vermeintlich auf dem letzten Flug nach Mumbai geschafft hatte… Das zweite, dass ich meine Arbeitskollegin treffe – sie war aus Frankfurt für die Meetings in Delhi angereist – die ebenfalls kurz nach drei Uhr nachts zurück nach Europa fliegt. Komplett geschafft nach dem Gewusel in der Stadt respektive am Flughafen schlafe ich – kaum erreichen wir die Reiseflughöhe – tief und fest. Freitag später Nachmittag, Singapur hat mich wieder.

Immer noch irgendwie sprachlos aufgrund der Ereignisse in Indien nutze ich aber den quasi geschenkten, weil nicht verplanten, Samstag. Ich will schliesslich schon lange den höchsten Punkt Singapurs besteigen. Den Bukit Timah Summit – mit ganzen 163,63 m! Der Park war lange wegen Bauarbeiten geschlossen und ist erst seit Oktober wieder offen. Also nichts wie los. Nach nur 10 Minuten mit der U-Bahn und einem kurzen Stück über Schnell- und Hauptstrassen stehe ich beim Parkeingang und bald steigt der Weg steil an. Nach einer guten halben Stunde stehe ich auf dem ‚Gipfel‘ der aber leider keinerlei Aussicht bietet. Da dies ja noch kein richtige ‚Bergtour‘ gewesen sein kann, hänge ich den Rundweg an, der mit ’schwierig‘ bezeichnet wird. Stufen führen steil abwärts und ein schöner Trail etwas später durch dichten Regenwald. Herrlich! Von fern ist der Verkehr zu hören. Zunehmend mischt sich dann allerdings auch Donnerrollen dazu. Ich bin bereits auf dem Abstieg, als sich die Himmelsschleusen öffnen und es zu regnen beginnt, als gäbe es kein Morgen mehr… Blitz und Donner mischen eifrig mit und es dauert nicht lange, bis ich durch und durch nass bin. Bald wate ich durch knöcheltiefe Wassermassen, die sich innert kürzester Zeit gebildet haben und abwärts rauschen. Um so rasch wie möglich ins Trockene zu kommen steige ich in den nächsten Bus. Wie immer, wenn ich in einen dieser fahrenden Kühlschränke steige, stockt mir der Atem. Diesmal, komplett durchnässt, ist es noch viel schlimmer. Schlotternd sitze ich da und zähle die Haltestellen bis zum Aussteigen. Endlich zu Hause stelle mich subito unter die heisse Dusche. Leider vergesse ich dabei komplett, dass ich das Handtuch am Morgen zwar in die Waschmaschine geschmissen, aber keinen Ersatz an die Stange gehängt hatte… Nun denn… wenn schon mit Hindernissen, dann richtig!

 

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